Das Wetter sieht heute Morgen erstmal
gut aus und so machen wir uns auf den Weg zum Monte Tamaro. Hier gibt
es die offizielle DH-Strecke die beim IXS Swiss cup gefahren wurde
und eine Tour hoch zum Monte Tamaro die wir noch angehen wollen.
Angekommen in Rivera begrüßt uns die Sonne, der obere Teil der
Gondel schwebt allerdings schon in grauen Wolken. Erstmal denken wir
uns nix, ziehen unsere Rüstung an und fahren mit der Gondel hoch zur
Alpe Foppa. Oben hängt der Streckenstart im Nebel und es ist
deutlich kühler als erwartet. Auf den angelegten, verdichteten
Strecken kann man nach dem Regen der letzten Nacht davon ausgehen,
dass der Boden etwas klebrig und rutschig wird. Gedanklich darauf
vorbereitet und unsicher aus der kalten Hose heraus, gerade der Gondel
entstiegen die Strecke zu befahren, geht es los.
Ich habe das Gefühl
wie ein ängstliches Huhn auf dem Rad zu hängen und bin froh, erstmal keinen anderen Radlern zu begegnen. Die Strecke ist durch das
ordentliche Gefälle schnell und abwechslungsreich mit vielen
Anliegern, Steinen und Wurzeln. Der Boden ist besser als erwartet,
aber für mich immernoch etwas ungewohnt auf der Strecke. Zerfurchte
enge Kurven mit Wurzeln und Steinen wäre ich lieber erstmal im
Trockenen gefahren. So steige ich lieber öfters ab und beobachte wie die anderen beiden Fahrer, die auf der Strecke nach uns fahren, das so
machen. Die Strecke ist anspruchsvoll, aber fahrbar. Moritz fährt sicher und kommt gut durch, während ich mich ärgere dass ich
zur psychologischen Unterstützung nicht meinen Rainking Reifen aufgezogen
habe! So brauche ich relativ lang bis ich wieder unten bin und noch
eine Fahrt schaffen wir heute nicht mehr.
Schließlich wollen wir zur Tour
aufbrechen da nicht klar ist wie lang es so dauert und das Wetter
immer weniger einladend aussieht.
Unten angekommen spülen wir kurz die
Räder sauber (wird vom Liftbetreiber hier vorgeschrieben), ziehen
die Tourklamotten an und los gehts. Wieder hat man oben kaum Sicht
ins Tal und jetzt fängt es auch noch an zu regnen. Moritz überlegt
abzubrechen als es sich einregnet und immer kühler wird... der Weg
ist noch weit und wir müssen unten noch zum Auto zurück radeln. Diesmal kann ich dann doch mal meine englischen Wurzeln zum Vorschein bringen und
überrede ihn die Tour zu machen.
Nach dem Debakel für mich auf der
DH-Strecke brauche ich jetzt ein Erfolgserlebnis, zudem ist die teure
Gondel bezahlt und ich will im strömenden Regen nicht nochmal die
DH-Strecke runter ;). Bei einer Tour habe ich immer das Gefühl was
geschafft zu haben und viel gesehen zu haben. Zudem gefallen mir die
Strecken meist besser. Da macht es mir auch nichts aus an
Schlüsselstellen mal abzusteigen. Das Gefühl ein Teil der Natur zu
sein ist hier einfach unvergleichlich.
Wir beschließen also im teilweise
strömenden Regen den Schotterweg zum Manera zu folgen wovon ein
kurzes Stück getragen werden muss. Der lose Schotter ist steil und
im Regen rutschig weshalb wir meist schieben. Hier oben pfeift der
Wind und ich packe kurz die Kamera aus bevor es an einer Hütte
weiter geht Richtung Monte Tamaro. Hier treffen wir wieder auf die
einzigen Wanderer die in einer Spalte pausieren und Schutz vor dem
Regen suchen. An der Hütte treffen wir auf einen redseeligen Asiaten
der ganz erstaunt ist dass wir weiter wollen und uns lächelnd, aber
mit besorgtem Blick folgt. Am steilen Hang des Motto Rotondo geht es
weiter über einen schmalen und steinigen Weg bis der mächtige
Gipfel des Monte Tamaro in Erscheinung tritt. An dieser Stelle möchte
ich hinzufügen dass ich mehrmals dachte wir wären gleich da, leider
konnte man den mächtigen Gipfel des Tamaro erst recht spät sehen.
Zwischendurch sah man immer nur einige kleinere unspektakuläre
Gipfel und so war ich bei seiner Erscheinung erst ein wenig
schockiert weil ich dachte wir müssten da jetzt auch noch rauf :D.
Wir sind inzwischen sehr nass, freuen uns aber auf die Abfahrt und
kurzzeitig hört es tatsächlich auch mal auf zu regnen. Wir haben jetzt so 400Hm
hauptsächlich schiebend hinter uns die zwar etwas steiler waren,
aber insgesamt locker wenn man vom Regen mal absieht.
Ich weiß nicht
wieviele Kilometer die folgende Strecke hat, aber wir fahren bei 1842Hm am
Monte Tamaro los und enden im Tal bei Sigirino auf 470Hm. Feinster
Singletrail bis ins Tal. Im oberen Teil sehr anpruchsvoll mit einigen
schwierigen Kehren und steinigen Stufen, dann folgen wir leichteren Kehren und gelangen in einen waldigen Abschnitt mit groben
Wurzeln die als Stufen und Kanten dienen während es wieder in
strömen regnet. Wir folgen dem Wasser auf dem Trail. Wieder kommen
einige Spitzkehren während der Trail schmaler und wieder steiniger
wird. Der schmale Pfad führt an einem waldigen Hang entlang.
Je
weiter wir fahren, desto mehr hat man das Gefühl im Wald zu
verschwinden. Viele Wasserfälle und alte Bäume säumen den Weg der
so abgelegen scheint, dass man sich nicht vorstellen kann hier mal
Wanderer zu treffen. An einigen Stellen hat man das Gefühl es wäre
plötzlich schon Herbst soviel Laub säumt den Boden über den wir
fahren. Danach gelangen wir auf eine Wiese wo wir kurz die
Orientierung verlieren, aber uns dann schnell für die richtige
Richtung entscheiden. Weiter geht es im Wald.
Völlig unerwartet wird
es hier wieder steinig, manchmal mit losem Gestein, dann wieder mit
grobem festen Steinbrocken. Geformt wie ein altes Flussbett, fordert
die spaßige Strecke hier wieder volle Konzentration. Jeder Stein
will an dein Material oder kann dich vom Rad schmeißen. Inzwischen
spüre ich Muskeln die ich gar nicht kannte und es hat übrigens
auch aufgehört zu regnen. Wir kommen an einen etwas größeren
Wasserfall und beschließen kurz was zu essen und schonen unsere
Kräfte für das letzte Stück.
Wieder geht es steinig weiter. Die Steine werden runder und es kommen
wieder einige Kehren die bezwungen werden wollen. Am Ende ist man
tatsächlich mal froh den Asphalt zu spüren.
Was für ein Trail! Der
fordert Material, Konzentration und Kraft und macht dabei irre viel
Spaß. Man hat das Gefühl durch verschiedenste Wälder und Orte
gefahren zu sein, einfach genial! Auf den Straßen geht es einige
Kilometer zurück zum Auto nach Rivera. So könnte ich noch ewig
fahren, bloß im Sattel sitzen und treten! Der Schmerz kommt erst
beim Absteigen :D. Heute erwartet uns eine ordentliche Pizza vom leckeren Italiener! Hab ich schon erwähnt dass uns hier unten die Sonne anlacht!